Galileo Galilei

Im Mittelalter richtete Galileo sein Fernrohr zum Mars und sah ein kleines rötliches Scheibchen. Erst viel später entdeckten Forscher dunkle Flecken und die Polarkappen des Mars. Die legendären Marskanäle regten zu Spekulationen und literarischen Auseinandersetzungen mit eventuellen Bewohnern des Roten Planeten an. Aber lange vor dem Raumfahrtzeitalter wussten die Astronomen viel über unseren roten Nachbarn. Sie konnten bereits die beiden Marsmonde erkennen und auch die Beschaffenheit der Atmosphäre des Mars bestimmen. Mit dem Zeitalter der Raumfahrt jedoch wurden immer mehr Einzelheiten über den Mars bekannt. Atemberaubende Bilder gehen um die Welt und zeigen uns die phantastische Welt unseres roten Nachbarn.

Doch bis dahin war es ein langer Weg. Irgendwann, vor Tausenden von Jahren, als die Menschen noch zum Himmel aufsahen, um an ihm gute oder schlechte Omen zu erkennen, müssen ihnen unter den unzähligen anderen, fünf glitzernde Punkte aufgefallen sein, die auf merkwürdigen Bahnen über das Firmament zogen. Zwar gingen auch sie im Osten auf und im Westen unter, zogen aber im Laufe der Zeit von Sternbild zu Sternbild. Die Griechen nannten sie schließlich Planetes das heißt Wanderer und gaben ihnen die Namen Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Zu diesen fünf Planeten zählten die Griechen auch die beiden Himmelskörper Sonne und Mond, die sich ebenso relativ zu den Fixsternen bewegen. Die Namen dieser sieben Planeten finden sich noch heute in vielen Sprachen als Bezeichnungen der Wochentage. Obwohl die Sonne und der Mond keine Planeten sind, stellen sie bei den Astrologen heute immer noch gleichberechtigte Partner der eigentlichen Planeten dar. Einer dieser Planeten war durch sein rötliches Funkeln am Nachthimmel besonders leicht auszumachen:

Mars als Kriegsgott

Seinem rötlichen Widerschein hat der Mars es zu verdanken, dass er von fast allen antiken Völkern als Gott des Krieges angebetet wurde, denn das rötliche Funkeln erinnerte die frühen Beobachter an Feuer und Blut. Schon die Sumerer gaben ihm den Namen A.PIN, was soviel bedeutet wie: der, der Zerstörung bringt. Die Griechen nannten ihn ARES. Von den Römern schließlich erhielt er seinen noch heute gebräuchlichen Namen Mars. Auch die Zeichen, die für den Mars verwendet werden stellen Handwerkszeug des Krieges dar: den Schild und den Speer. So kam es, dass sich über Jahrtausende hinweg Mythen und Legenden um den Roten Planeten rankten, die zum Teil bis in unser Jahrhundert überdauerten.

Über die Planeten zur Physik

Es waren die Griechen, die als Erste versuchten, das Vor und Zurück der Planetenbahnen gegenüber den Fixsternen zu erklären. Das Ergebnis war das Ptolemäische Weltbild.

Claudius Ptolemäus
Claudius Ptolemäus

Ptolemäus und das ptomlemäische Weltsystem

Ptolemäus setzte die Erde in den Mittelpunkt, um die sich alle anderen Himmelskörper drehten. Dieses Verständnis überdauerte bis in das 16. Jahrhundert. Erst der Domherr Nikolaus Kopernikus (1473 – 1543) stellt fest, dass nicht die Erde, sondern die Sonne der Mittelpunkt ist und sich die Planeten Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter und Saturn um sie drehen, wobei der Mond die Erde umkreist. Die merkwürdigen Schleifenbahnen (vgl. Abbildung) kommen dadurch zustande, dass wir die Himmelskörper von der sich bewegenden Erde aus beobachten. Auf diese Weise verschiebt sich die Perspektive auf den außen liegenden Planeten ständig.

Tycho Brahe
Tycho Brahe

Die neuzeitliche Erforschung des Mars beginnt eigentlich mit dem dänischen Astronomen Tycho Brahe (1546 bis 1601). Vor der Erfindung des Fernrohrs war er der wohl bedeutendste Astronom seiner Zeit. Er ebnete durch genaue Beobachtung der Planetenbahnen, insbesondere der des Mars, den Weg für seinen Schüler und späteren Nachfolger Johannes Kepler (1577 – 1630). Der in Prag arbeitende Brahe beobachtete zwischen 1580 und 1600 insgesamt neun Marsoppositionen und maß mit einer für die damalige Zeit hohen Genauigkeit die Positionen relativ zu den Fixsternen. Bedenkt man, das seit Hipparch, also ca. 2000 Jahre vor Kepler, die Auffassung als Gesetz galt, dass die Erde der Mittelpunkt des Universums sei und sich alle Gestirne um diese drehten und dass alle diejenigen, welche anderer Meinung waren, um ihr Leben fürchten mussten, kann man erst ermessen, welche Leistung Galilei, Kopernikus, Brahe und Kepler vollbracht haben.

Das Brahesche Weltbild

Erst wenige Jahre vor Kepler begann sich das Weltbild langsam durch Galileo Galilei und Nikolaus Kopernikus zu wandeln, und man akzeptierte, dass nicht die Erde, sondern die Sonne der Punkt war, um den sich die Erde und die anderen Planeten drehten. Kopernikus war jedoch der Auffassung, dass dies nur auf exakten Kreisbahnen geschah und somit nur gleichförmige Bewegungen folgen konnten. Hierzu jedoch gab es Beobachtungen von Brahe und Kepler, die dieser Theorie widersprachen. Johannes Kepler (1571 – 1630), der Hofastronom Kaiser Rudolfs, fand schließlich mit Hilfe von Tychos Aufzeichnungen und zweier weiterer Oppositionen heraus, dass die Bahn des Mars kein Kreis, sondern eine Ellipse ist, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht und dass sich alle anderen Planeten ebenfalls nicht auf exakten Kreisen bewegten, sondern auf Ellipsen. Hieraus entwickelte er die drei Keplerschen Gesetze.

Johannes Kepler

Johannes Kepler
Johannes Kepler

Er ging davon aus, dass sich die Erde um eine bekannte Kreisbahn um die Sonne drehte, ebenso der Mars, dieser jedoch auf einer unbekannten Bahn. Er beobachtete seine Position bezogen auf die Sonne und die Fixsterne und ermittelte so, dass sich der Mars nach 687 Tagen wieder genau an seiner ursprünglichen Position befand.

Die auf die Sonne und die Fixsterne bezogene Zeit, die ein Planet braucht, um die Sonne zu umkreisen nennt man siderisches Jahr. Weil die Erde nur 365 Tage braucht, um die Sonne zu umrunden, nimmt sie zu Beginn und zum Ende des 687-tägigen Marsjahres jeweils eine andere Position ein.

Keplersche Gesetze:

Diese Positionen sind jedoch bekannt. Aus den beiden bekannten Orten der Erde, der Sonne und der jeweiligen Position des MARS entsteht so ein Viereck. Setzt man nun noch eine konstante Entfernung Sonne – Erde voraus, ergibt sich aus der Geometrie dieses Vierecks die mittlere Entfernung zwischen Erde und Mars. Außerdem erkannte er das Gesetz, wonach sich die Planeten im sonnennahen Abschnitt ihrer Bahn schneller bewegen als im sonnenfernen. Erde und Mars umkreisen die Sonne auf ellipsenförmigen Bahnen, wobei die Bahn des Mars eine deutlich größere Exzentrizität aufweist als die der Erde.

Die Exzentrizität gibt den Zahlenwert an, um den eine Ellipse von einer Kreisform abweicht. Deshalb haben die Bahnen von Erde und Mars nicht immer den gleichen Abstand voneinander. Dieser Exzentrizität ist es auch zu verdanken, dass nicht alle Perihel-Oppositionen gleich groß sind, so nennt man die größten Annäherungen der beiden Planeten.

Alle 15 Jahre findet eine Opposition statt, dann sind sich Erde und Mars am Nächsten. Dieser Abstand beträgt im günstigsten Fall 55 Millionen Kilometer, was am 28. August 2003 wieder der Fall war und 2018 der Fall sein wird und immer dann eintritt, wenn sich Erde und Mars auf der gleichen Sonnenseite treffen.

Es gibt auch so genannte ungünstige Oppositionen (Aphel-Opposition), dann beträgt die Entfernung zwischen den beiden Himmelskörpern bis zu 99 Millionen Kilometern. Steht die Sonne auf einer Linie zwischen den beiden Planeten, so spricht man von einer Aphel-Konjunktion, hierbei sind Erde und Mars 544 Millionen Kilometer von einander entfernt.

Der mittlere Abstand der Erde von der Sonne beträgt knapp 150 Millionen Kilometer und wird in der Astronomie als 1 Astronomische Einheit bezeichnet. Wohingegen der mittlere Abstand des Mars zur Sonne etwa 228 Millionen Kilometer beträgt.

Der Mars durchläuft seine Bahn langsamer als die Erde. Wenn die Erde einen vollen Umlauf um die Sonne beendet hat, dann hat der Mars erst etwas mehr als die Hälfte seines Weges zurückgelegt, denn ein Marsjahr dauert knapp 687 Erdentage.

Kepler hatte die Gesetze der Himmelsmechanik beschrieben. Auf dieser Grundlage entwickelte schließlich der englische Gelehrte Isaac Newton seine Bewegungsgesetze und das Gravitationsgesetz. Newton erkannte, dass der Fall eines Körpers zur Erde mit den gleichen mechanischen Gesetzen vorhergesagt werden kann, wie die Bahn eines Planeten um die Sonne. Da die Mechanik am Anfang der Physik stand, kann man sagen, dass die Physik mit dem Studium des Mars ihren Anfang genommen hat.

Phänomene im Teleskop

Einen rasanten Aufschwung nahm die Erforschung des MARS mit der Erfindung des Teleskops 1608 durch den Niederländer Hans Liperskeley. Ende des Jahres 1609 richtete zum ersten mal ein Mensch ein Teleskop auf den Roten Planeten, es war der italienische Gelehrte Galileo Galilei (1564-1642). Er erkannte, dass Mars anders als die punktförmigen Fixsterne als kleine runde Scheibe zu sehen war. War der MARS bislang nur ein rötlich schimmernder Punkt am Nachthimmel, so wuchs er nun zu einem, massiven, ja fast greifbaren Körper an.

Mit immer besser werdenden Teleskopen fanden Wissenschaftler bald Einzelheiten über unseren roten Nachbarn heraus.

Christian Huyghens
Christian Huyghens

Christian Huyghens (1629-1695) entdeckt eine dunkle, dreieckige Zone (Syrtis Major) auf der Marsoberfläche. Aus deren Positionsveränderungen errechnet er die Eigenrotation des Mars von rund 24,5 Stunden (heutiger Wert: 24,623 h) und findet heraus, dass die Polachse um 25,19° gegenüber seiner Vertikalen geneigt ist. Außerdem war er der Meinung, dass der Mars eine wenn auch sehr dünne Atmosphäre besitzen müsse, was bedeutete, dass sich Erde und Mars von allen bisher bekannten Planeten im Sonnensystem am meisten glichen.

Wilhelm Herschel entdeckt 1784 die eisbedeckten Polkappen des Mars. Fast 50 Jahre später, 1830 erstellte der deutsche Astronom Wilhelm Beer die erste Marskarte, wobei er die dunklen Flecken auf der Marsoberfläche als Gewässer und die hellen Regionen als Landmassen interpretierte.

Mars gesehen durch das Hubble Space Teleskop.

Mars gesehen durch das Hubble Space Teleskop
Mars gesehen durch das Hubble Space Teleskop

Schon in 18. Jahrhundert hatten die Beobachter am Kommen und Gehen der dunklen Flecken erkannt, dass der Mars rotiert und ein Marstag nur etwa 40 Minuten länger dauert als ein Erdentag. Es schien auch, als ob sich die Farbe der Flecken im Verlauf eines Marsjahres verändern würde. Dazu schrumpften und wuchsen die weißen Polkappen im gleichen Rhythmus. Eis an den Polen, Schneeschmelze im Frühjahr, zum Teil auch grünliche Gebiete, die an Vegetation erinnerten und mit den Jahreszeiten ihr Aussehen änderten. Dies alles erschien den frühen Beobachtern vertraut.

Da der Mars um seine Achse rotiert und einem Beobachter somit alle seine Seiten zeigt, lag es nahe, eine Marskarte zu entwerfen.

Giovanni Schiaparelli, der Direktor der Mailänder Sternwarte, machte sich die größte Annäherung von Mars und Erde zunutze um eine neue Marskarte zu erstellen. Diese sollte sich grundlegend von allen anderen bisherigen unterscheiden und für die nächsten beinahe hundert Jahre maßgebend sein. Im Jahre 1877 glaubte er, feine Linien zu erkennen, welche die großen dunklen Flecken, die von Beer als Gewässer gedeutet worden waren, miteinander zu verbinden schienen. Schiaparelli glaubte auf der Marsoberfläche dunkle Linien entdeckt zu haben Er nannte diese Linien Canali. Das Wort Canali kann in der italienischen Sprache jedoch ebenso für natürliche Gewässer wie auch für künstliche Wasserwege verwendet werden. Letztlich sollte sich die zweite Interpretation durchsetzen.

Damit entstand die Vorstellung, der Mars besäße künstliche Kanäle. Da man für die Erbauung von künstlichen Kanälen logischerweise denkende Lebewesen benötigt, formte sich so die Vorstellung einer hochentwickelten menschenähnlichen Zivilisation auf dem Mars. Verstärkt wurde dieser Gedanke zusätzlich dadurch, dass man wusste, dass sich Erde und Mars in vielen Dingen sehr ähnelten. So rotiert Mars innerhalb von etwas mehr als 24,5 Stunden um seine Achse, auch die Neigung der Planetenachse ist fast gleich der der Erde, wenn auch entgegengesetzt, hinzukommen die von Eis bedeckten Polkappen und das Vorhandensein einer Atmosphäre. Aus all diesen Interpretationen schloss man so auf eine intelligente Lebensform auf dem Mars. Dieser war nach Vorstellungen der Wissenschaftler eine durch Dürre und Trockenheit zum Sterben verurteilte Welt, deren Bewohner um ihr Überleben kämpften, indem sie von den Polen das dringend benötigte Wasser in das austrocknende Land über künstliche Kanäle leiteten. Diese Auffassung teilten über fast ein Jahrhundert eine ganze Reihe von Astronomen. So haben wir es schließlich Schiaparelli zu verdanken, dass seither die Vision von einer hochtechnisierten Marszivilisation in unseren Gedanken herumspukt.

Marskanäle, eine optische Täuschung

Die Canali die Schiaparelli entdeckt hat

Der aus Boston stammende amerikanische Astronom Percival Lowell (1855 – 1916) beschäftigte sich ebenfalls überwiegend mit der Erforschung des Mars. Er baute in Arizona ein privates Observatorium und verbrachte 15 Jahre damit, den Planeten zu beobachten. Dabei legte er genaue Marskarten an, die noch mehr Kanäle zeigten als Schiaparelli. Das alle diejenigen Astronomen, die irgendwelche Kanäle gesehen haben wollten, nur einer optischen Täuschung unterlegen waren, wollten diese damals nicht wahrhaben. Die Täuschung entstand durch die optischen Eigenschaften des Auges. Ab einer bestimmten Entfernung ist das Auge nicht mehr in der Lage, einzelne Punkte zu unterscheiden. Diese werden dann zu einer durchgehenden Linie zusammengefügt, die in Wirklichkeit gar nicht existiert. So entstanden die Marskanäle. Aus diesem Grund meinte auch Lowell insgesamt 500 solcher Kanäle entdeckt zu haben. Er fand Zonen auf der Marsoberfläche, die zu den Marsjahreszeiten an Helligkeit zu-, beziehungsweise abnahmen. Diese zwischen den Kanälen liegenden Zonen deutete er als landwirtschaftlich genutzte Gebiete. Daran, dass andere Astronomen dieses nicht so sahen wie er, störte er sich nicht. Lowell hielt bis zu seinem Tod 1916 an der Theorie von einer hoch technisierten Lebensform auf dem Mars fest. Von der Erde aus aufgenommene Marsfotos zeigten niemals Kanäle. So kamen die Marsbewohner in den 20er Jahren aus der Mode – doch nicht ganz. In der Literatur hatten sie mittlerweile ihren festen Platz eingenommen. Schon im Jahre 1897 beschrieb der Gothaer Mathematiklehrer und Philosoph Kurd Lasswitz in seinem Roman Auf zwei Planeten eine friedliche Begegnung zwischen Bewohnern des Mars und der Erde. Ein Jahr später schrieb Herbert George Wells den Roman Krieg der Welten. Darin wurde die Erde von aggressiven Marsbewohnern beinahe vernichtet. Von Orson Wells war der Roman in ein Hörspiel umgearbeitet worden und wurde am 30. Oktober 1938 im amerikanischen Rundfunk gesendet. Dieses Hörspiel löste damals in den USA eine Massenpanik aus, weil viele Zuhörer es für eine echte Reportage hielten.

Der wissenschaftliche Mars

Deimos

Während einer günstigen Marsopposition 1877 entdeckte der amerikanische Astronom Asaph Hall (1829 – 1907) mit dem 66 cm Refraktor – Teleskop des US – Marine – Observatoriums in Washington zwei Marsmonde. Der größere, Phobos, zieht eine sehr enge Kreisbahn um den Roten Planeten und hat deshalb eine so kurze Umlaufzeit, dass er den Planeten in weniger als einem Marstag umrundet. Phobos umrundet den Mars in einem Abstand von ca. 9 500 Kilometern, während die Umlaufbahn von Deimos etwa 23 500 Kilometer vom Marsmittelpunkt entfernt verläuft. Beide Marsmonde haben eine Form, die an eine Kartoffel erinnert, deutlich zu erkennen der riesige Einschlagkrater auf Phobos.

Phobos

Der größte Marsmond hat an seiner längsten Achse eine Länge von 26,6 Kilometer, wohingegen Deimos nur 15,5 Kilometer lang ist. Bereits in der 2500 Jahre alten „Ilias“ des Homer wird von den beiden Begleitern des Marsgottes – Phobos und Deimos (Furcht und Schrecken) – berichtet, so lag es auf der Hand, die beiden Trabanten des Roten Planeten nach ihnen zu benennen.

Während einer besonders günstigen Marsopposition im Jahre 1924 gelang es mit dem 2,5 Meter Spiegelteleskop auf dem Mount – Wilson Observatorium, dem damals größten Fernrohr der Welt, das Licht des Mars auf ein winziges Thermoelement zu werfen. Damit konnte man die Marsoberfläche abtasten und die von dort kommende Wärmestrahlung messen. Für die gerade abschmelzende Polkappe erhielten die Astronomen damals Temperaturen von -100°C und -15°C. Die am Morgen aus der Nacht heraustretende Landschaft zeigte etwa -85°C, eine Temperatur, die bis zum Mittag auf 15°C anstieg. Aus den starken Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht, Morgen und Mittag schlossen die Beobachter, dass die Atmosphäre des Mars die Temperaturen nur wenig ausgleicht und deshalb sehr dünn ist. Am Link-Observatorium gelang es während derselben Opposition, den Mars durch verschiedene Farbfilter zu fotografieren. Die Bilder in dem eine Atmosphäre kaum durchdringenden violetten Licht waren größer, als die Bilder in den Rotaufnahmen. Durch den Größenunterschied des Mars auf den Bildern gelang es, den ungefähren Durchmesser der dünnen Atmosphäre zu bestimmen. Im Gegensatz zu den Astronomen zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, die noch vermutet hatten, dass die dunklen Flecken auf der Marsoberfläche Meere sind, hielt man sie später für Vegetationsgebiete in denen sich trotz der geringen Feuchtigkeit pflanzliches Leben erhalten hat. Die helleren Gebiete seien, so die Annahme, öde Festlandgebiete. Mittlerweile haben die Aufnahmen zahlreicher Raumsonden die Flecken als riesige Geländeformationen wie Becken, Schluchten und Krater enttarnt. Dass es die Marskanäle tatsächlich nicht gibt, erfuhr man erst mit Sicherheit im Juni 1965. Damals flog die amerikanische Raumsonde Mariner 4 in einer Entfernung von 10 000 Kilometern am Mars vorbei und übermittelte die ersten 22 schwarzweiß Fotos von der Marsoberfläche zur Erde. Es waren die ersten Nahaufnahmen einer fremden, mit Kratern übersäten Welt. Mit den Raumsonden begann eine völlig neue Phase in der Marsforschung – doch das ist eine andere Geschichte.