29.Tage der Raumfahrt-wohin steuert ARIANE?

Dr. Martin Sippel vom DLR in Bremen gab einen eindrucksvoll kompletten Überblick über das ARIANE Programm von seinen Anfängen an bis zum derzeitigen Stand mit dem ESA Beschluss zum Start der Studien der ARIANE 6.

ARIANE 6 ist bekanntlich eine fast vollständig aus Feststoffstufen aufgebaute Rakete, mit lediglich einer mit Flüssigtreibstoff betriebenen Oberstufe, die erforderlich ist für den Einschuss eines Satelliten in eine genau bestimmte Umlaufbahn und darüberhinaus mehrfach wiederzündbar ist, um mehrere Satelliten absetzen zu können. Diese Oberstufe soll identisch sein mit der derzeit für ARIANE 5 entwickelten Oberstufe.

 

Der Vorschlag für diese Konfiguration der ARIANE 6 beruht auf einem Vorschlag der CNES, der einzig und allein auf die kommerzielle Nutzung abzielt mit der von CNES erfundenen „777“ Anforderung:

  • 7 t Nutzlast (genau: 6,7)
  • 70 Mio € Kosten pro Start
  • 7 Jahre Entwicklungszeit

Was das für die Trägerentwicklung in Europa bedeutet:

  • Aufgabe der Entwicklung leistungsfähiger Flüssig-Triebwerke
  • Aufgabe eines Trägers, der Lasten bis über 20 t in eine nahe Erdumlaufbahn befördern kann
  • Keine Versorgung der ISS mehr möglich mit einem Vewrsorgungsfahrzeug wie dem ATV
  • endgültige Verabschiedung Europas aus dem Schwerlast- und bemannten Raumtransport

Dieses Konzep der ARIANE 6 wird deshalb in weiten Kreisen der europäischen „Raumfahrtwelt“ abgelehnt. Darüber hinaus ist die Einhaltung des „777“ Programmkonzepts aufgrund von Erfahrungen aus früheren Programmen eher skeptisch zu betrachten. Dessen Einhaltung ist jedoch ausschlagebend für das Erreichen der gewünschten billigeren Alternative zur ARIANE 5  mit wesentlich geringeren Startkosten/kg im Vergleich zur ARIANE 5.

SpaceX hat gezeigt, dass mit preiswert zu produzierenden Flüssigtriebwerken eine Trägerfamilie mit Nutzlasten bis zu 70 t in LEO und darüber mittels Triebwerksbündelung möglich ist zu Kosten, die bei vergleichbarer Startrate vermutlich unter denen der ARIANE 5 liegen, aber dabei eine bessere Flexibilität bei der Anpassung an einzelne Nutzlasten hat. Bekannterweise erreicht die ARIANE 5 ja ihre günstigsten Startkosten nur bei mindestens zwei gleichzeitig gestarteten Nutzlasten der 5….6 t Klasse. ARIANE 6 müsste also als potentieller Konkurrent für die Falcon Raketen von SpaceX positioniert werden. Dabei verliert die ARIANE 6 jedoch von Anfang an den Vorteil der erwiesenen hohen Zuverlässigkeit, die der ARIANE 5 jetzt einen Vorteil gegenüber der Falcon verschafft. Bis die ARIANE 6 fliegt, wird die Falcon schon Jahre eines Zuverlässigkeitsbeweises hinter sich und damit einen großen Vorsprung vor der ARIANE 6 haben!

Da Deutschland offiziell über die ESA das ARIANE 6 Konzept unterstützt, ist kaum zu erwarten, dass die DLR sich hier offiziell dagegen ausspricht. Trotzdem war die Skepsis gegenüber diesem Konzept während der 29. RfT offensichtlich.

Es kann fast als Ironie der europäischen (Raumfahrt)Geschichte angesehen werden, dass die erfolgreiche Falcon 9 von ihrem Konzept her eher der Ariane 4 als der Ariane 5 entspricht. Mit der Ariane 6 auf Feststoffbasis wird möglicherweise ein Irrweg beschritten auf einem Weg zum Ausstieg Europas als ernsthafter Konkurrent auf dem internationalen Trägermarkt.

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